Freitag, 28. Mai 2010

Über Samen als Jonglierbälle und die EU auf Stelzen

Unter dem Motto „Let’s liberate diversity“ findet in Graz vom 25.-27. März 2010 eine internationale Konferenz zum Thema Saatgut statt. Diskussionen, Arbeitsgruppen, Demos und ein Theaterstück bilden den Rahmen des Treffens.

VON CHRISTINE DRECHSLER. REDIGIERT VON MARKUS HASENBERGER.

Graz ist zur Zeit Schauplatz der „Let’s liberate diversity“ – Konferenz. Mit „diversity“ ist hier die Vielfalt von Saatgut gemeint, die, so meinen KritikerInnen, durch neue EU-Richtlinien bedroht wird. 160 TeilnehmerInnen aus 18 Ländern tauschen hier Samen, Pflanzen, Bücher und Ideen aus.

Jubel, Demonstration und "Markt der Vielfalt"

Teil der Konferenz sind zahlreiche Podiumsdiskussionen, Workshops, Arbeitsgruppen, Demos, ein Theaterstück und der „Markt der Vielfalt“ im Grazer Augarten. Dort wird die Problematik besprochen und klare Forderungen an die EU formuliert. Kern der Forderungen ist das Recht, Saatgut aus eigener Ernte zu gewinnen, nachzubauen, weiterzugeben und zu verkaufen.

15 Uhr - Manege frei

Das Straßen- und Stelzentheater Compagnie MaiMun aus Frankreich führt im Innenhof des Grazer Volkshauses ein Theaterstück vom Säen bis zum Ernten von Pflanzen vor.Eine menschenähnliche Sonne aus Pappmaschee mit riesigen baumelnden Händen dient als Bühnenbild. Um die sechzig Menschen sitzen, stehen oder hocken gedrängt in einem winzigen Innenhof und beobachten das Geschehen vor ihnen. Vier junge, bunt gekleidete Menschen pantomimisieren die Freuden, vor allem aber Leiden eines Bauern.

Bäurinnen mit roten Nasen

An Kreativität mangelt es den jungen französischen KünstlerInnen nicht: Dargestellt werden die Samen mit Jonglierbällen, die „böse“ EU riesig auf Stelzen und die „guten“ Bäuerinnen und Bauern mit süßen, roten Nasen. Die ZuseherInnen leben mit dem Theaterstück mit, finden sie doch ihre eigenen Probleme darin wieder, und bekunden ihre Zustimmung und Begeisterung mit Jubel und Geklatsche.



15:30 Uhr - Aktivismus hier, Samenbörse da

Durch die Grazer Innenstadt ziehend machen die SaatgutaktivistInnen mit Plakaten, Sprechgesängen und Musik im Rahmen einer Demonstration auf ihr Problem aufmerksam.

Von solch großem Aktivismus ist im nahe gelegenen Augarten, am „Markt der Vielfalt“ wenig zu spüren. Friedlich und fröhlich bieten Bäuerinnen und Bauern von nah und fern Samen, Pflanzen, Gemüse, selbst produzierte Produkte und Bücher zum Thema Saatgut an. Man fühlt sich eher wie auf einem Bauernmarkt. Ein Pavillon ist das Zentrum des Marktes.

Wir sehen uns nächstes Jahr

In ihm bietet ein junger, alternativ gekleideter Mann Informationsbroschüren zu den Themen Saatgut und EU an. Neben ihm steht ein großer Tisch mit dem Schild „Samenbörse“. Hier können Samen getauscht oder auch einfach entnommen werden, um so die Saatgutvielfalt zu erhalten. Ein kleiner Zettel am Rande des Tisches wird allerdings leicht übersehen: Die Tauschenden, vor allem aber die Beschenkten werden gebeten ihre neu gezüchteten Samen im nächsten Jahr mitzubringen und weiterzutauschen oder -verschenken.

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