Freitag, 28. Mai 2010

Ein Leben für die Tiere

VON NINA HORCHER. REDIGIERT VON LISA MARIA SOMMER.

Inmitten von Obstbäumen und Plastikklappstühlen sitzen mehrere Menschen mit Ohrhörern auf dem Kopf im Kreis. Unter ihnen auch ein junger Südfranzose, der den Erzählungen der anderen lauscht. Von außen hat man das Gefühl, neben einer Selbsthilfegruppe zu sitzen.


Eine Reise für die Schäfchen

Warum ein einfacher Schafzüchter den über 1000 km langen, schweren Weg nach Graz auf sich nimmt? Vermutungen angefangen von der großen Liebe, über einen Geschäftstermin, bis hin zu einem Kulturkurztrip sind weit gefehlt.Der Schafzüchter aus der Provence reiste aus einem einzigen Grund mehrere 1000 km nach Graz: dem 5. Treffen der europäischen Saatgutinitiativen.


Alles andere als bekannt

Unter dem Motto „Zukunft säen –Vielfalt ernten“ trafen sich von 25. – 27. März 2010 Bio-Bauern aus ganz Europa, um gemeinsam Probleme zu besprechen und Lösungen zu finden. Alles andere als öffentlich bekannt findet man die Infos zum Treffen lediglich im Internet. So auch die Wegbeschreibung, die zu einem unscheinbaren Gebäude am Rand der Stadt Graz führt.



Diskussion in der Wiese: Treffen der europäischen Saatgutinitiativen


Keine Spur von Smokings

Das Plakat mit dem Titel des Treffens gibt mir schließlich die Gewissheit, richtig zu sein. Anders als erwartet fehlt von Präsentationsraum, Mikrofonen und Businessleuten im schwarzen Blazer jede Spur. Die Schaf- Rind- und Ziegenzüchter sitzen in einem Sitzkreis, die Stimmung ist sehr entspannt. Rote Plastikklappstühle statt Drehsessel, ein Gartentisch in der Mitte anstelle eines Podestes und die Teilnehmer im Alltagslook statt im schwarzen Anzug. Sie diskutieren über ihre Probleme und es wird ein Gefühl von Zusammengehörigkeit vermittelt. Lediglich Kopfhörer, die über Funk mit dem Mikrofon einer Dolmetscherin verbunden sind, dienen als Verständigungshilfe. „Ich denke, wir sollten gleich mal eine Liste durchgeben, um in Kontakt zu bleiben!“ - Nicht lange wird überlegt, untereinander die Kontaktdaten auszutauschen.

In der Gruppe gegen Probleme

Das Treffen ist in verschiedene Arbeitsgruppen eingeteilt, um möglichst effektiv an den Problemen arbeiten und den Diskussionen teilnehmen zu können. Arbeitsgruppe 6 spricht vor allem über die Probleme in der Tierzucht. Die Sorgen der Landwirte drehen sich vor allem um die in vielen Ländern vorherrschende Impfpflicht, den Produktionswettlauf und die Verminderung der Rassenvielfalt. Für Antoine de Ruffray ist es vor allem der Impfzwang, der ihn dazu brachte am Treffen teilzunehmen. Aus diesem Grund eine solche Reise anzutreten möge für viele unverständlich sein. Doch bei diesen Züchtern geht es nicht darum ihren Beruf zu verlieren, sie könnten dadurch ihre ganze Existenz verlieren. Denn sie führen ein Leben für die Tiere, die ihr Leben für uns lassen.

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