Freitag, 28. Mai 2010

Einfältig über die Vielfalt

In einem dreitägigen Workshop diskutierten Landwirte aus aller Herren Länder die zunehmende Industrialisierung des Saatguts. Ein Thema der unzähligen Diskussionsrunden war die sogenannte Hybridzüchtung, eine Erfindung der Gentechnikindustrie, welche die Bauern in ihrer Existenz gefährdet. Bei einer so ergebnislosen Diskussion wie dieser, brauchen sich die rein profitorientierten Saatgutkonzerne momentan aber keine Sorgen über ihre Zukunft machen.

Unter dem Motto „Let’s liberate diversity!“, also „Lasst und die Vielfältigkeit befreien!“ trafen sich Mitglieder der „Europäischen Saatgut-Initiativen“ zum insgesamt fünften Mal, erstmals in Österreich. Mit dem plakativen Slogan „Zukunft säen – Vielfalt ernten“, wird versucht, gegen das langsame Sterben des kleinbäuerlichen Saatgutanbaus anzukämpfen. Erklärter Feind ist die Europäische Union, die ein einheitliches Saatgutrecht anstrebt. Die Teilnehmer des Workshops sehen darin eine klare Bevorzugung der industriellen Saatgutproduktion und somit eine Zerstörung der Artenvielfalt. In einer Podiumsdiskussion versucht man selbiges aufzuzeigen. Durch ihre Unkoordiniertheit wie Langatmigkeit, wird es jedoch schwer eine Aufbruchstimmung zu erzeugen.

Terminator-Technologie als Bauern-Zerstörer

Fachvokabular, das für den Laien so gut wie gar nicht verständlich ist, bestimmt die Wortmeldungen der einzelnen Teilnehmer. Der Vortragende Gebhard Rossmanith spricht vom sogenannten „Terminator-Gen“, durch das „ein Zerstörungsgen in die Gemüsesorten kommt“. Was äußerst brutal anmutet, sei an dieser Stelle der Leserin und dem Leser, im Gegensatz zur Podiumsdiskussion dem Publikum, kurz erläutert. Die Terminator-Technologie ist eine Gentechnologie zur Einschränkung der Nutzung von Genen. Durch diesen genetischen Eingriff wird bewirkt, dass ein Same nur ein einziges Mal keimen kann, was wiederum bedeutet, dass Bauern Jahr für Jahr bei den Saatgutkonzernen neue Samen kaufen müssen. Rossmanith, selbst Teil der „Bingenheimer Saatgut AG“, die aber keine monetären, sondern viel mehr ökologische Grundgedanken hat, wie er selbst sagt, zeichnet ein Horrorszenario: „Diese Hybridsorten bevölkern den Markt und zerstören die hart arbeitenden Bauern“. Nur „die Entwicklung von biologisch-dynamischen Sorten“ könne das „notwendige Auskommen der Bauern“ sichern, redet sich der der knapp 40-Jährige in prägnanter hochdeutscher Aussprache in Rage.

Profitgier oder Kulturschutz?

Ob die „Bingenheimer Saatgut AG“ wirklich für Kulturförderung eintritt, geht nicht klar hervor. Der Status einer Aktiengesellschaft erzeugt auf jeden Fall eine schiefe Optik. „Die AG ist eine Stiftung für Bauern, Gemeinschaft und Behinderte. Sie ist nicht käuflich. Weder die Inhaber noch die Aktionäre sind profitorientiert“, betont Rossmanith auf die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Firma. Weitere Erläuterungen zum Thema blieben aber aus, was einem älteren Herren aus der rar gesäten Zuhörerschar gar nicht passt: „Die Finanzierungsmethoden sind ein Witz. Um dieses Thema ordentlich behandeln zu können, bedarf es Reformen von größerer Durchsetzungskraft.“, schimpft er in Richtung Rossmanith der keinen weiteren Kommentar dazu von sich gab.

Ausblick ohne Veränderungen

Rückblickend lieferte diese Podiumsdiskussion zwar viele Fakten und Statistiken, konkrete Lösungsvorschläge zu den Problemen mit dem Gentechnik-Saatgut blieben aber aus. Bei solchen Ergebnissen wie nach dieser Diskussion, lässt sich über die Sinnhaftigkeit von solchen Saatgut-Conventions durchaus streiten. Zum öffentlichen Thema werden die aufgezeigten Probleme durch Auftritten wie jenem von Rossmanith wohl kaum. Die Lage wird sich somit auch nicht verbessern, denn aktuell sieht es so aus, als ob den Worten der Gentechnikkritiker sicherlich viele Worte folgen werden - aber keine Taten.

Weiterführende Bilder
Züchtungsprozess

Hier noch eine interessante Beitrag zum Terminator-Gen:



redigiert von Andreas Terler (Original von Robert Fröwein "Biodiversität im Fadenkreuz der EU")

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen