Dienstag, 14. Dezember 2010

Buchenblatt aufs Butterbrot - Die schmackhafte Welt der Maria Stix



Buchenblätter aufs Butterbrot – Die schmackhafte Welt der Maria Stix
von Christina Tieber


Neckisch-lebendige Augen blicken hervor hinter der eckigen Brille. Die kleine Dame unter dunkelbraunem Pferdeschwanz und Stirnfransen erklärt voller Elan einem Kunden, was denn da nun wirklich in dem Topf auf dem Markttisch vor ihr wächst. Gänseblümchen sind’s, Huflattich und Löwenzahn. Maria Stix ist eine Biobäurin der besonderen Art: Sie achtet nicht nur auf die Erhaltung alter Sorten, sondern kocht auch mit Pflanzen, die jede Gartenkoryphäe als Unkraut beschimpft. Im Interview erzählt sie von ihrem Faible für Unkraut, wieso Ernten und Sähen für sie besondere Bedeutung hat und was der Unterschied ihrer Arbeit zu einem normalen Bürojob ist.



Was hat Sie dazu bewegt, sich mit so ungewöhnlichen Nutzweisen von Unkraut und anderen wild wachsenden Pflanzen zu beschäftigen?

Ich bin auf dem Bauernhof aufgewachsen und meine Eltern haben einen Feldgemüseanbau gehabt, es hat sich also durch die Arbeit ergeben. Ich habe als Jugendlicher schon am Acker Unkraut gejätet, und es hat mich irgendwie interessiert: Kann man das auch essen? Ich hab dann einen Kurs entdeckt, der sich damit beschäftigt und mich gleich für den ersten angemeldet. Irgendwie hab ich ein Faible für Unkräuter.

Können Sie ein paar Tipps oder Rezepte für Leckereien geben, die man mit Kräutern zaubern kann, die vielleicht gleich am nächsten Waldrand oder auf der Wiese hinterm Haus wachsen?

Von solchen Rezepten gibt es Unmengen! Die meisten sind jahreszeitenabhängig. Im Frühling sind zum Beispiel Huflattichblüten in Butter gedünstet was sehr Gutes, oder auch Bärlauch und Bärlauchcremesuppe. Wenn’s schnell gehen muss, einfach ein Butterbrot, auf das man ein paar grüne Blätter drauflegt - da kann man ganz junge Buchenblätter, Birkenblätter oder Lindenblätter nehmen. Man kann’s auch so machen, dass man in Backteig etwas herausbäckt, oder in einen Palatschinken- oder Schmarrenteig Wildkräuter hineingibt. Man kann so viel machen – und das meiste geht recht flott.

Ich empfehl den Leuten auch, einfach über die Wiese zugehen und einmal zu kosten. Dann weiß man, wo die wilden Kräuter dazu passen und wo nicht. Das Interessante dabei ist auch, dass wild Wachsendes oft viel mehr Inhaltsstoffe hat als die Kulturpflanze daneben. Es gibt mittlerweile sogar Bücher zu diesem Thema – von solchen hab ich sicher einen Meter daheim.

Darf man sich auch einfach einmal bei Ihnen zum Essen einladen, damit man etwas lernt?

Ja, die Möglichkeit gibt es wirklich: Ich veranstalte „Wildkräuterwanderungen“ mit anschließendem Kochen, wo wir das verarbeiten, was wir gesammelt haben. Ich biete auch an, zu den Leuten nach Hause zu kommen, weil ich merk einfach: Bei der Wanderung ist alles klar, aber daheim sieht alles anders aus. Also zeige ich den Leuten vor Ort, was in ihrer Umgebung und ihrem Garten wächst. Ich hab festgestellt, dass das den Leuten wirklich hilft.

Wie sieht denn ein typischer Tag bei Ihnen zuhause auf dem Bio-Bauernhof aus?

Es gibt keinen typischen Tag, jeder ist Tag anders, das ist das Schöne an diesem Beruf. Ich kann mir den Tag selber einteilen. Ich muss eben schauen, was die Natur mir bietet und wie der Tag und das Wetter sind. Ich geh nicht um acht ins Büro und um vier wieder heim. Es gibt einfach keinen typischen Tag. Ich hab auch keinen Wecker, ich steh auf, wann ich munter werd; und das ist meistens dann, wenn es hell wird.

Gibt’s irgendeine Lieblingsbeschäftigung, der Sie sehr gern nachgehen?

Ernten ist natürlich immer eine schöne Arbeit, da sieht man, man hat gut gearbeitet im Jahr. Aber es ist natürlich auch eine anstrengende Zeit. Doch mit der Zeit versteht man das anders zu nehmen und nicht nur als Stress zu sehen. Das Sähen gefällt mir auch sehr gut. Was mich am Gemüsebau so fasziniert: Da legt man ein Samenkorn in die Erde hinein, und es wächst daraus so schnell etwas heran! Es sind aber auch andere Arbeiten schön. Wenn sie nicht zu lange dauern - muss ich zum Beispiel drei Wochen nur Bäume schneiden, dann zipft’s mich schon an; meinem Mann macht das eher wenig. Aber ich versuche, jeder Arbeit etwas Schönes abzugewinnen.

Verwenden Sie auch Pflanzenspritzmittel?

Biologischen Pflanzenschutz spritzen wir als Biobauern genauso, aber man spritzt eben keine synthetischen Spritzmittel sondern Sachen, die genau so vorkommen in der Natur. Im Handel soll der biologische Apfel genauso schön sein wie der herkömmliche. Das schafft man nicht ohne Spritzmittel. Und man muss bei einer biologisch geführten Landwirtschaft sogar mehr spritzen und mehr arbeiten als im konventionellen Obstbau. Dabei hab ich aber weniger Ertrag. Wir sind auch Ursprungsbauern, das heißt, wir liefern auch an Hofer. Da merkt man einfach: wenn der Apfel einmal nicht so schön ist, bleibt er länger im Geschäft liegen.



Hier auf Ihrem kleinen Markttisch gibt es ja eine riesige Auswahl an hübsch anzusehenden Bohnen und anderen Früchten und Kräutern. Gibt es diese Vielfalt schon seit vielen Generationen auf Ihrem Bauernhof oder haben erst Sie die Vielfalt zu Ihnen nach Hause gebracht?

Nein, diese große Vielfalt gibt’s schon immer. Es hat früher sogar noch mehr gegeben: Wir haben zum Beispiel Käferbohnen in sicher drei verschiedenen Farben gehabt. Dann mussten wir aber meine Oma pflegen. Meine Mutter hat zu dieser Zeit den Marktstand aufgelassen. Sorten, von denen sie gedacht hat, die gibt es eh im Handel, hat sie nicht mehr weitervermehrt. Ich hab mich erst jetzt dazu entschlossen, den Marktstand doch weiter zu beschicken und fang wieder neu an.

Dann alles Gute für den Neustart und herzlichen Dank für das Interview!

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Hirsebecken, Klauenkletten und violette Kartoffeln

von Mario Rubenzer, redigiert von Katharina Robia


LEADER-Projekt „Slowfood“ soll Kindern alte Kulturpflanzen
schmackhaft machen

Eine Blaskapelle zieht musizierend über das Veranstaltungsgelände, Köche bereiten „Erdäpfelwürstl“ und „Dinkellaibchen“ zu und Menschen im Look der späten Sechziger tummeln sich an den Ständen: Das sind die ersten Eindrücke der vom 25. bis 27. März 2010 ist Saatgut-Messe, die vom 25. bis 27. März 2010 in Graz stattfindet. Hundertsechzig Teilnehmer aus den verschiedensten Nationen kommen hier zusammen, um beim fünften „Treffen der europäischen Saatgutinitiativen dabei zu sein. Natürlich mit dabei: Der gemeinnützige Verein Arche Noah.

Die Eltern über die Kinder erreichen

Nur zwölf eigene Mitarbeiter hat er, doch mehr als 150 Erhalter/innen. Eine von ihnen ist Anna Wünscher vom „Hügelland Schöcklland“. Sie arbeitet zusammen mit zwei fachlichen Helfern am LEADER-Projekt „Slowfood“: „Unser Ziel ist es, wieder alte Kultursorten zu verwenden. Wir wollen sie den Kindern wieder schmackhaft machen, deshalb werden in den Gärten von Schulen und Kindergärten zum Beispiel alte Himbeersorten oder violette Kartoffeln angebaut. Wir wollen das kritische Denken der Kinder (im Bezug auf Ernährung) wecken und damit auch ihre Eltern erreichen“, sagt sie.


Wünschers Stand: Hier kann man Essen erleben

Kinder können im Hirsebecken Figuren verstecken

„Hirse beruhigt, wenn man hineingreift.“

Die Kinder helfen selbst beim Anbau der Pflanzen mit. Das soll ihr Bewusstsein für gute und richtige Ernährung schärfen. Auch an ihrem Stand versucht Frau Wünscher, mit vielen kreativen Ideen die Aufmerksamkeit der Kleinen zu gewinnen. Anstatt Saatgut zu verkaufen, bietet sie die Möglichkeit, Essen mit allen Sinnen zu „erleben“: Bei ihr gibt es nicht nur Kostproben von getrockneten Früchten oder Marmeladen, man kann auch versuchen, in einer Holzbox verschiedene Kartoffelarten zu ertasten oder mit den Händen in einem eigenen Hirsebecken herumwühlen. „Hirse beruhigt, wenn man hineingreift“, verrät die sympathische Naturfreundin.

Das Engagement ist groß, die Hoffnung noch größer

Unterstützt wird Frau Wünscher von Liesbeth Engelbrecht, die sich um die Bastelecke kümmert. Hier dürfen die Kinder aus Klauenkletten Schiffchen bauen, aus Kürbissen Hüte basteln und mit Samen, die nicht mehr keimen können, Klebebilder machen. Manche der kleinen Besucher zeigen auch ihr grünes Däumchen und setzen in einem selbst bemalten Pappbecher eine seltene Bohnenpflanze ein, die sie stolz ihren Eltern präsentieren. Was das Projekt „Slowfood“ tatsächlich bewirkt, wird man sehen. Auf alle Fälle ist es ein Schritt in die richtige Richtung.


Gemeinsames Gestalten: Den Kindern macht es Freude


Liesbeth Engelbrecht mit einer kleinen Bastlerin