Freitag, 28. Mai 2010

Mehr Lebensqualität im "Lebens-Gartl"

Wie Selbstversorger zu einer besseren Welt beitragen
VON ANNALENA TRUMMER. REDIGIERT VON ELISABETH FAUSTMANN.

„Der Stolz über die Erkenntnis: ‚Das habe ich selbst gezogen, es ist meine Arbeit und es gibt nichts Besseres, Feineres und Frischeres’ ist materiell nicht zu fassen.“


Christoph Harbs ist Selbstversorger. Seit 2006 versucht er, gemeinsam mit seiner Frau, seinen fünf Kindern und zwei Enkelkindern, unabhängig von großen Supermärkten und Billigdiskontern zu überleben. Im südsteirischen Göttelsberg bei Weiz bewirtschaftet er einen 5.000 m2 großen Schaugarten und versorgt sich so das ganze Jahr über mit frischem „Grünzeug“. In seinem „Lebens-Gartl“ wird nach Prinzipien der Permakultur gesät, gepflegt und geerntet: Vielfalt statt Einfalt, nachhaltiges Bewirtschaften, Erhaltung alter Gemüsesorten.


Darstellung nach David Holmgren, Mitbegründer des Permakultur-Konzeptes

Am Markt der Vielfalt
Schon von Weitem ist schräge Blasmusik zu hören, bunt gekleide
te, fröhlich gestimmte Menschen bahnen sich ihren Weg durch die Menge – der Basar ist eröffnet! Dieser Markt ist jedoch kein gewöhnlicher. Hier treffen die unterschiedlichsten Menschen zusammen, um am „Markt der Vielfalt“ im Augartenpark in Graz ihre Waren zu präsentieren. Auch Christoph Harbs ist hier mit seinem „Lebens-Gartl“ vertreten.

Düngerfrei lautet die Devise„Meine Sorten sind, im Gegensatz zu Hybrid- oder genmanipulierten Sorten, samenfest“, sagt Harbs. „Dünger und Pestizide gibt’s bei uns nit!“, meint Harbs stolz.
Das sei nämlich das Problem bei großen Saatgutfirmen: „Do muastn Dünger jo glei mitkaufen!“ Deren Sorten sind einjährig und können keine Widerstandsfähigkeit entwickeln – und vernichten so alte und reine Sorten.

Kleine Bauern retten die WeltDass nachhaltige Landwirtschaft in Zeiten des Klimawandels unser Überleben garantiert, erkennt auch der Weltagrarbericht. Er formuliert als neues Paradigma der Landwirtschaft des 21. Jahrhunderts:

„Kleinbäuerliche Strukturen sind die wichtigsten Garanten und
die größte Hoffnung einer sozial, wirtschaftlich und ökonomisch
nachhaltigen Lebensmittelversorgung der wachsenden Weltbevölkerung.“


Eine bessere Zukunft
Christoph Harbs ist froh, dass er einen Teil zu einer besseren We
lt und einer besseren Zukunft beitragen kann. Und die Freude sieht man ihm auch an: „Probieren’S de Dörrpflaume da von mir – ich sag Ihnen, sowas haben’S noch nie gegessen. Unvergleichlich im Geschmack!“, sagt er und lächelt.



weiterführende INFOS
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In Verbindung mit dem fünften Treffen der Europäischen Saatgutinitiative vom 25. bis 27. März 2010 unter dem Motto „Let’s liberate diversity!“ kämpft eine Kampagne um eine gentechnikfreie Saatgut- und Sortenvielfalt. Der „Markt der Vielfalt“ ist eine der gebotenen Veranstaltungen.

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Was bedeutet "samenfest"?
Samenfeste Sorten sind Sorten, die im Wesentlichen die Eigenschaften ihrer Elternpflanzen haben. Sie können natürlich vermehrt und erhalten werden.
Hybride entstehen hingegen aus zwei oder mehreren Inzuchtlinien, die durch erzwungene Selbstbefruchtung möglichst reinerbig sind. Die erste Generation ist sehr ertragsreich, die folgenden jedoch nicht. Das bedeutet für den Bauer, dass er das Saatgut jedes Jahr neu beziehen muss, um die Erträge stabil halten zu können.

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Erhaltung alter Gemüsesorten in Österreich
Viele Kleinbauern und Selbstversorger versuchen, alte, in Vergessenheit geratene Gemüsesorten zu erhalten und weiter zu züchten. Die Arche Noah und der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt unterstützen sie dabei.

Studien und wissenschaftliche Aufsätze zu dem Thema geben Aufschluss darüber, wieso manche Sorten aus dem Züchtung verdrängt werden. Gründe können zB sein:
  • niedriges Ertragsniveau
  • kurzer Ertragszeitraum
  • Gemüse entspricht nicht den Vorgaben des Handels
  • nicht resistent gegen bestimmte Schädlinge
aus dem Aufsatz: Die Erhaltung alter Gemüsesorten. Von W. Palme.

Beispiele für österreichische Traditionssorten nennt W. Palme in einem zweiten Aufsatz:
  • Grazer Krauthäupel (Salat)
  • Wiener Riesen (Knollensellerie)
  • Neusiedler Ideal (Paprika)
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