Freitag, 28. Mai 2010

Normal ist, was bunt ist


Für die Mitglieder des Hofkollektivs „WIESERHOISL“ ist es selbstverständlich, Tag und Nacht gemeinsam für die Vielfalt der Arten zu leben und zu arbeiten.


VON HENRIC WIETHEGER. REDIGIERT VON JOHANNA ZWEIGER.













Buntes Gemüse und ... Wietheger

Zerzaustes Haar, bequeme Regenbogen-Kleidung und ein Lächeln auf dem Gesicht. „Wer bestimmt, was normal ist?“ Die 30-jährige Katrin Schickengruber strahlt Selbstbewusstsein aus. „Sind Teenies normal, die durch Kaufhäuser rennen und das Gefühl haben irgendeinen Scheißdreck kaufen zu müssen?“ Entspannt kratzt sich die Landschaftsplanungs-Studentin am Hinterkopf. Sie weiß genau, was sie darstellt und wofür sie steht. Was andere von ihr und ihren Überzeugungen denken, ist ihr egal.














... bunte Menschen (hier beim "Markt der Vielfalt" im Grazer Augarten). Wietheger

Von der Überzeugung zum Hofkollektiv


Die verschwenderisch machtgeile Art, wie einflussreiche Konzerne (z.B. Monsanto oder DuPont) lebensnotwendige Ressourcen erschöpfen und so der Erhaltung vieler verschiedener Arten im Weg stehen, seien ihr schon seit Studienzeiten ein Dorn im Auge. Gemeinsam mit anderen engagierten Landschaftsplanungs-Studierenden mobilisierte sie sich damals in einem Kulturverein, um ein Zeichen für Artenvielfalt zu setzen. Im Kreise bunter Gleichgesinnter entstand bald die Idee eines alternativen Lebenskonzepts im Kollektiv. Nach dem Motto „ein Hof für alle und alle für einen Hof“ kamen so einige Gartengräber-Musketiere zusammen, um für die gemeinsame Sache zu kämpfen – die Hofgemeinschaft „Wieserhoisl“ war geboren.














Das „Wieserhoisl“ wagt die ersten Pinselstriche – bunt, bunt, bunt

Heute leben neun Erwachsene und drei Kinder im „Wieserhoisl“ in der Südweststeiermark. Gemeinsam kultivieren sie zwei Hektar Streuobstwiesen, drei Hektar Wald und einen großen Gemüsegarten. Sie leben, essen und arbeiten gemeinsam, organisieren und versorgen sich selbst. All das tun sie lohnunabhängig. Sie setzen so auf zweifache Art und Weise ein Zeichen für Artenvielfalt. Einerseits halten sie der den Spiegel vor: „Wir wollen den Leuten zeigen, dass man auch anders, nämlich in einer Gemeinschaft leben kann“, sagt Katrin und streift sich eine lockige Strähne aus dem Gesicht. Andererseits säen sie dem verwöhnten Otto Normalverbraucher größtenteils unbekannte Gemüse- und Obstsorten und tragen so zur Erhaltung alter und seltener Sorten bei.







Der Farbenkreis schließt sich


Kati scheint rundum zufrieden damit zu sein, dass sie mit ihrer Arbeit nicht reich wird, sondern Sinn stiftet. „Wir arbeiten ja nicht nur für buntes altes Gemüse, sondern für bunte Menschen.“ Mit dem zuversichtlichen Lächeln auf ihrem Gesicht schließt sich der Farbenkreis. Für die eingeschworene kleine "Wieserhoisl"- Gemeinschaft ist normal, was bunt ist.

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